Entschluss gefasst, ich will Auswandern. Und nun?
Es ist schwer, ein Projekt dieser Tragweite sofort zu überschauen. Kein Problem. Ich werde an die Sache iterativ herangehen. Meilensteine definieren, Arbeitspakete erstellen, Zeit und Budget festlegen, Ziele setzen, die SMART sind, deren Umsetzung überwachen und am Ende den Projektplan an die Realität anpassen. Probleme und Fehler werden dokumentiert, und Lessons Learned erstellt. Es ist ein bischen her, aber ich denke dass mir meine Erfahrung als Projektleiter hier helfen wird.
Der erste Schritt – Recherche
Das Projektziel ist klar: Deutschland permanent verlassen. Aber ich weiss nicht einmal, wohin. Dabei hat der Zielort die mit Abstand grösste Auswirkung auf dieses Projekt. Der erste Schritt ist also, den Zielort zu identifizieren (oder eine Reihe möglicher Zielorte). Die Basics können dabei bequem von zu Hause aus recherchiert werden. Auf Anhieb fallen mir ein:
- Welche Einreisebestimmungen bestehen? Wie aufwändig ist es, eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen? Staatsbürgerschaft? Welche Nachteile (oder Vorteile!) habe ich, wenn ich letztere nicht annehme?
- Wie ist der Arbeitsmarkt? Kann ich aus diesem Land Remote für eine deutsche, europäische, britische, oder amerikanische Firma arbeiten?
- Muss ich die örtliche Sprache lernen? Wieviel Aufwand ist dies?
- Wie sind die Lebenshaltungskosten, Immobilienpreise, das zu erwartete Gehalt? Kann ich mit meiner (geschätzten) Deutschen Rente in diesem Land überleben, wenn ich mich zur Ruhe setze?
- Gibt es Amazon oder eine örtliche Alternative? Wie hoch sind die Versandkosten von Waren in dieses Land?
- Wie gut ist die Internet-Infrastruktur, und was kostet ein Anschluss?
- Wie ist die Steuersituation, und gibt es ein Steuerabkommen mit Deutschland? Können Bargeld und Aktienvermögen in das Land „überstellt werden“, und was sind die Kosten? Bringt dies ggf einen Vorteil?
- Wie gut ist der öffentliche Nah- und Fernverkehr ausgebaut? Benötigt man zum Leben in diesem Land ein Auto?
- Wie ist die Anbindung an internationale Flughäfen, und die Reisezeiten in die US und die EU?
- Wie ist die Sicherheitssituation, zum einen im Land selber, aber auch durch externe Einflüsse? (Wir leben – leider – in einer Zeit, in der eine erhöhte Kriegsgefahr besteht.)
- Welche Qualität hat die Gesundheitsversorgung?
- Menschenrechte und Pressefreiheit?
- Wie sind Klima und Wetter? Sind durch den Klimawandel Änderungen zu erwarten? Gibt es Risiken von Naturkatastrophen? (zB Tornado Valley, regelmäßige Fluten, Waldbrände, etc.)
Diese Liste ist sicherlich nicht vollständig – weitere Kriterien nehme ich auf, wenn sie mir einfallen.
Meilenstein 1 – Engere Auswahlliste
Ich vermute, dass nach gründlicher Recherche nicht viele Ziele übrig bleiben. Sollte die Liste wider Erwarten lang sein, wird sie auf (willkürliche) fünf Stück gekürzt.
Der zweite Schritt – Erfahrungsberichte
Nach Auswahl eines oder besserer mehrer möglichen Ziele sollte ich mit Personen sprechen, die an diese ausgewandert sind. Ob erfolgreich oder nicht spielt keine Rolle – beide Erfahrungen sind wertvoll!
Der dritte Schritt – Besuche
Im Anschluss werde ich die entsprechenden Ziele besuchen müssen. Sicher kann ich nicht jeweils mehrere Monate dort verbringen. Aber wenigstens ein, zwei Wochen vor Ort sollte einen ersten Eindruck vermitteln.
Meilenstein 2 – Auswahl
Der zweite Meilenstein ist die Auswahl des Zielortes. Die konkrete Planung kann beginnen. Sollte sich danach herausstellen, dass die Auswahl falsch war, habe ich die anderen vier Kandidaten als Fallback.
Ein geordnetes Vorgehen – ein Projektplan – wird helfen, den Überblick zu behalten. Das Vorgehen der ersten Phase: Informationen sammeln!